Co-Creation Dinner #1: The Art of Feminine Perspectives, Miriam Lenk
Dienstag, 8. September 2020
18:00 21:00
MIRIAM LENK (KÜNSTLERIN)
„Unser Blick auf das Individuum ist in der westlichen Zivilisation von allerhand Idealen verstellt: der asketische Körper des antiken Sportlers, der geschundene Leib Christi und Maria, die mädchenhafte, entsexualisierte Mutter Gottes. Alles das ist Ausdruck einer seit der Klassik ersehnten Übereinkunft von Sinnlichkeit, Vernunft und Humanität und spiegelt ein Ideal wider – die Wirklichkeit ist es nicht.
Und so verwundert es kaum, dass regelmäßig in Kunst und Gesellschaft eruptiv libidinöse Aggressivität hervorbricht, die umso wirkungsvoller in der Sozial- und Kunstgeschichte in Erscheinung tritt, je zentraler diese und andere Ideale wirkten und je rigider ein politisches, kulturelles oder religiöses Zitat sie bestimmten.
Die Bildhauerin Miriam Lenk setzt sich als künstlerisches Thema ein Antiideal humanistischer Bürgerlichkeit und stellt es in den Mittelpunkt ihres Werks. Sie hat ein Lustbild des Menschlichen geschaffen, das zwischen überquellender Schwere und leichter Wohligkeit oszilliert, sowohl einnehmend als auch irritierend ist. Diese voluminösen, weiblichen, schwellenden Formungen ihrer Figuren treten in einem Klima zeitgenössischer Fleischfeindlichkeit in Erscheinung, an dem der arbeitssame, geduldig sich in die Geschicke der politischen Geschehnisse unterordnende Staatsbürger in Europa Hochkonjunktur hat. Lenks Figur changiert zwischen Gegensätzlichkeiten: Schwer und leicht, glatt und gefaltet, proportioniert und gleichzeitig grotesk und manieriert. Mit diesem Wechselspiel lässt die Künstlerin die barocke Bildsprache aufleben und verweist auf eine der widersprüchlichsten Epochen. Der Barock ist nicht nur das Zeitalter übervoller Ornamentierung, sondern eines des Aufbruchs, der Erfindungen, der Philosophie und Naturwissenschaft. Dieser Gegensatz ist in der höfischen barocken Kunst und Architektur beispielhaft verkörpert(...)”
Ulrike Pennewitz 2013




















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