Salon Mondaine #18 — The Art of Creation

07.11.2017 / Berlin

Kreative haben die herausragende Gabe, Menschen mit neuen Dingen vertraut zu machen und Vertrautes in neues Licht zu rücken. So bewegen sie die Welt.
— Karin Schmidt-Friderichs, Verlegerin bei Verlag Hermann Schmidt

25hours Hotel im Bikini Berlin, mit: Yasha Young, Corinna von Anhalt und Marion Heine, (Mia Florentine Weiss war leider krank) moderiert von Andrea Thilo. Gastgeberin Yasmine Orth, Musik: Katrin von Chamier/ Text: Marén Balkow*, Fotos: Darshana Borges


Der Herbst ist eingezogen in die laute Stadt. Dunkel und kalt ist es draußen. Unsereins sehnt sich nach heißem Tee und einer warmen Decke, nach Zeit für Ruhe und innere Einkehr. Aber in der bunten Lounge des 25hour Hotels strahlt gelb-warmes Licht und surrt die anregende Energie von 130 Frauen, die den 18. Salon Mondaine besuchen. Das Symposium umkreist heute das Thema "The Art of Creation", es stellt die Frage nach Kreativität, besonders nach weiblicher Kreativität, was sie ausmacht, woraus sie sich speist und wie wir sie anwenden können. Es fällt leicht, darauf erste Antworten zu geben, betrachtet man den Salon Mondaine selbst als das, wofür er steht: Ein Erfahrungsraum, wo Frauen erleben können, wie es sich anhört und anfühlt, wenn sie, ganz unter sich, offen und ehrlich miteinander sprechen. Wo jede Vorbilder finden kann, auf der Bühne und im Publikum, wo sie sich von erfolgreichen und kreativen Macherinnen inspirieren lassen, wo lebendigster Austausch entsteht, sich alternative Sichtweisen aufzeigen - Anregungen, die im besten Fall die eigene Haltung verändern, inneren Wandel bewirken. Und dann spürt man vielleicht noch in der Nacht oder am nächsten Morgen die eigene Kraft wieder, den inneren Drang und kommt selbst in den Fluss, den berühmten Flow, und arbeitet an den eigenen Ideen.

"Wir veranstalten diese Salons, um mit Euch zusammenzukommen, in die Kraft zu kommen, zu lernen, wer wir eigentlich sind und was wir tun können, wie wir unsere Welt gestalten können und wie wir dabei Herausforderungen standhalten. Wir alle sind Teil des Ganzen, wir ko-kreieren den Salon",

sagt Initiatorin Yasmine Orth und spricht dabei auch für ihre zahlreichen Mittänzerinnen bei The Lovers. "Uns ist es wichtig, dass jede offen ist, ein offenes Herz hat, um mehr weibliche Kraft und Schönheit, Kreativität und aktives Mitgefühl in die Wirtschaft, in die Führungsebenen, in die Gesellschaft zu tragen." Yasmine beschreibt, wie wichtig es für sie selbst vor zehn Jahren war, ihr Leben zu verändern, Altes loszulassen, so dass Neues entstehen konnte. Wozu gehörte, die eigene Schöpferkraft in sich selbst zu erkennen, diese überhaupt erst einmal anzunehmen, um sie aktivieren und kultivieren zu können.

Kreativität ist etwas, was man trainieren kann, davon ist Marion Heine, Kreativdirektorin und Chefin ihrer Agentur Spring, überzeugt: "Eine Schöpfungskraft, aus der Dinge entstehen, letztlich auch eine pragmatische Kraft, die Lösungskonzepte hervorbringt, also Wege, die zum Ziel führen." Sie habe auch schon sehr kreative Finanzchefs getroffen, und zwar nicht, weil sie in irgendeiner Weise das Steuerrecht hintergangen hätten, sondern, weil sie einfach sehr gut mit Zahlen gearbeitet hätten, was wichtig gewesen sei, bei ihren größeren Unternehmungen. Kreativität ist also nicht auf ein ganz bestimmtes Ergebnis, wie etwa ein Kunsterzeugnis beschränkt, sondern kreativ sind wir alle. So verstanden und dementsprechend geübt, kann Marion heute auf Knopfdruck kreativ sein, was unabdingbar ist in ihrem Job.

Wie trainiert ihr eure Kreativität?

Eine Frage, die (nach kurzem Schweigen auf dem Podium) von Moderatorin Andrea Thilo gleich selbst beantwortet wird: "Durch das Gefühl permanenter Überforderung in der Position der Working Mum. Also immer noch eine Lösung suchen, noch ein Schlupfloch - immer in den Knien flexibel bleiben. Das führt zwar zu ADHS Syndrom", sagt sie lachend, "aber geht irgendwie ganz gut."

Yasha Young, Gründerin und Leiterin des neuen Berliner Museums für Street Art "Urban Nation" glaubt, dass Kreativität manchmal auch einfach nur "ein gegebener Umstand" ist. "Sich permanent etwas anzusehen, aber es dann zu überdenken, neu zu denken, es weiterzuentwickeln, es zu hinterfragen und es dann nochmal neu zu erdenken. Ein Riesenkreislauf." Yasha beschreibt Kreativität als den steten Wunsch von Leuten nach Veränderung. Leute, die es geben müsse, die sich bei allem fragten: Warum ist das so?, warum gibt es das nicht in grün?, was passiert wenn? das geht noch nicht, das ist noch nicht, das hat noch nicht aufgehört, das muss weitergehen, wie schaffen wir das?

"Kreativität ist das Blut der Gesellschaft und das Blut der Erde. Ohne Kreativität würden wir als Gesellschaft nicht existieren",

sagt Yasha und entschuldigt sich sofort für den Blut- und Erdeduktus, der wohl sehr an "Amazonentalk" erinnern würde. "Aber man muss wohl schon ein bißchen Kriegerin sein, um das durchsetzen zu können, woran man glaubt. Und es gibt ja die guten Krieger, den peaceful, silent warrior, der ich gerne sein möchte." Dass Yasha Young sich friedvoll durchsetzen kann, hat sie erst unlängst bewiesen und in der Hauptstadt gegen viele Widerstände jenes "unmögliche Museum" gebaut, das Street Art von der Straße auch in vermeintlich heilige Ausstellungshallen holt und ihr somit nicht nur Würdigung und Beständigkeit, sondern auch den Aufbau eines wissenschaftlichen Archives dieser Kunstgattung in Deutschland ermöglicht.

Eine ganz andere Facette von Kreativität zeigt uns Corinna von Anhalt, seit vier Jahren geschiedene Ehefrau des Prinzen Eduard von Anhalt. Mit 18 heiratete sie in die alte Adelsfamilie ein, die einst Berlin gründete, und in der seit 1000 Jahren Patriarchat herrschte. Das kannte sie nicht von Zuhause, hier sei ihre alleinerziehende Mutter immer ein starkes Vorbild gewesen, die das Familienleben bestimmte. "Als ich meinen Mann kennenlernte, wurde ich mit echtem Macho-Verhalten konfrontiert und musste mich als Frau 34 Jahre lang konstant daneben behaupten. Positiv ausgedrückt, mich kreativ dazu verhalten.“ Sie gebar ihrem Mann drei Töchter. Ohne den männlichen Statthalter, sei das bis dato bestehende Patriarchat der von Anhalts durchbrochen worden, und Corinna ergriff die Chance, die Familienstrukturen neu zu denken und zu leben. Auch hier hätte es Widerstände gegeben, natürlich. In ihren jungen Jahren sei sie da auch sehr schnell in die Erschöpfung geraten und hat deshalb schon mit 20 angefangen zu meditieren, tief inspiriert vom Dalai Lama.

Vor vier Jahren hat sich Corinna dazu entschieden, ihre Ehe in Freundschaft zu beenden und ihr Leben, inspiriert von ihren drei erwachsenen Töchtern und fünf Enkeln, noch einmal ganz neu und unabhängig zu gestalten. Den wichtigsten Rat, den sie für junge Frauen hat, die in einem männerdominierten Umfeld arbeiten und leben, ist daher auch: "Lasst Euch nicht in eurer Weiblichkeit schwächen und setzt souverän und humorvoll Grenzen.“

Spannend, die sprachliche Nähe von Schöpfung und Erschöpfung! Auf die Frage, wie sie mit Erschöpfung umgehe, antwortet Marion Heine mit der Notwendigkeit, sich Sparringspartner zu suchen bzw. sich ein gutes Team aufzubauen und zu lernen, Verantwortung abzugeben. Aber auch ihr fällt ihre Meditationspraxis ein und das Gärtnern, um wieder in den Strom der Kreativität zu kommen. Wohingegen Yasha sagt, dass sie zwar manchmal erschöpft sei, aber immer glücklich, einfach weil sie ihren Job liebe. Was sie erschöpfe, seien eher die Menschen, die immer noch einen Ratschlag für sie parat hätten, wie sie ihr Leben zu leben habe.

Neben die an diesem Abend besprochenen, sehr auf das einzelne Individuum bezogenen Konzepte von Kreativität stellte die geladene Expertin Alexandra Schwarz-Schilling, am Schluß ihre Vision einer umfassenden weiblichen Kreativität, also die aller Frauen einer Gesellschaft, in den Raum. Diese könne sich jedoch erst ganz entfalten, wenn die starren gesellschaftlichen Hierarchien noch weiter aufbrechen würden. "Solange wir in diesen starken Hierarchiekonzepten sind, werden wir auch immer nur mit bestimmten Aspekten identifiziert. Wir wollen immer höher und alles, was unter uns ist, wird letztlich zum Objekt degradiert." So machten es viele machtvolle Menschen mit ihren Untergebenen z.B. im Arbeitskontext und "so machen wir Menschen das mit der natürlichen Welt." Aus Alexandras Sicht werden wir solange nicht nachhaltig schöpferisch sein können, solange wir uns in solchen starren Hierarchien bewegen. Daher ihr Appell: "Geht wieder in Kontakt mit der Natur, der Blume in eurem Zimmer, dem Baum vor eurem Haus, der Katze nebenan. Die natürliche Welt ist die schöpferische Kraftquelle überhaupt." Würden Frauen sich, gleich ihren Ahninnen, wieder mit "Mutter Erde" verbinden, Fülle kultivieren und selbstbewußt auf ihre urweiblichen Fähigkeiten vertrauen, dann würden sie ihre Kreativität und Schöpferkraft mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Wohle des Ganzen einsetzen (,was immer dann genau das Ganze in der jeweiligen Situation ist).

Der Abend schließt mit der Musik von Katrin von Chamier, in deren Gesang alle Frauen im Saal dann so kraftvoll einstimmen:

"...how could anyone ever tell you you were less than whole...?".

Und die besungene Ganzheit und Schöpferkraft lässt uns die Düsseldorferin dann auch in ihrer geführten Übung spüren: Das spannungsvolle Schwingen, Vibrieren und Surren der Stimmritzen, Wangenknochen und des Brustkorbs beim Tönen lässt uns lebendig fühlen, weckt uns auf - ein schöner Zustand, der nahtlos hineinfließen kann in unseren nächsten kreativen Akt.


Text: Marén Balkow*, Fotos: Darshana Borges

*Marén Balkow hat als Radiojournalistin viele Jahre für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet und dann eine Tochter geboren. In der Folge begann sie sich noch intensiver mit Frauen- und Transformationsforschung zu beschäftigen. Die Themen female empowerment, gesellschaftlicher Kulturwandel und neues Arbeiten liegen ihr heute als Autorin am Herzen. Bei The Lovers hat sie ein für sich ideales Handlungsfeld gefunden.


Unser Dank gilt unseren Partnern und natürlich dem ganzen Team

Die Sprecherinnen, Moderation, Musikerin und Gastgeberin sind ausgestattet worden von unserem Premium-Partner hessnatur. Wir danken unseren weiteren Partnern Pukka, Pukka Herbs Deutschland, Lillet und unseren Medienpartnern emotion, emotion slow, Working Women, maas, enorm, good impact und Peppermynta.


Und so haben Speakerinnen und Gäste den Abend empfunden:

Ein bereichernder und erfüllender Abend voller Energie und Kreativität. Mit dem Format SalonMondaine by the Lovers hat Yasmine Orth eine offene Platform geschaffen, die uns Frauen etwas ermöglicht, was wir in den letzten Jahrzehnten viel zu lange nicht getan haben: Sich verbinden und gegenseitig unterstützen. Zusammenhalt ist eine der starken Kraftquellen und der SalonMondaine macht sie eindrucksvoll erlebbar.
— Marion Heine
All diese so unterschiedlichen, großartigen Frauen waren so schön offen und ehrlich und dabei klug und klar bei dem, wofür sie stehen. Die Mischung der Frauen und der Themen in Deinem Salon ist wirklich sehr besonders und wird so dringend gebraucht in der Welt. Wie schön, dass ich Teil davon sein durfte!
— Katrin von Chamier
Der Abend unter so vielen wundervollen Frauen hat eine ganz besondere Energie und Kraft in mir hinterlassen und mich bestärkt meinen Weg auch mit 56 noch als sanfte, weibliche Kriegerin mit aller Kraft weiterzugehen. Mit der Passion nicht nur meinen drei Töchtern sondern noch vielen Frauen nach mir einen möglichen Weg vorzuleben wie man souverän, humorvoll und gelassen auf Augenhöhe mit den Männern die Welt kreativ gestalten kann.
— Corinna von Anhalt
  • Der Salon Mondaine ist Soultank, Symposium und Networking-Plattform in Einem. Nach Frankfurt am Main im Dezember 2017, sind wir zum ersten Mal in Hamburg im 25hours Hotel in der Hafencity zu Gast und freuen uns sehr!

    Unsere Mission: Lead with Love – Female Empowerment & Leadership.

    Durch weibliche Vorbilder und ehrliche Begegnungen wollen wir uns mit zeitgeistigen Themen auseinandersetzen und miteinander wachsen. Der Salon Mondaine, eines der Signature Events von The Lovers, ist 2010 ins Leben gerufen worden, um moderne Weiblichkeit zu erforschen und kennenzulernen - ganz unter Frauen. Als regelmäßig stattfindender „Co-Creation-Space“ hatten wir in bisher 20 Salons über 74 wegweisende Unternehmerinnen und weibliche Vorbilder auf der Bühne und präsentieren deren persönliche Erfolgsgeschichten, Business-Insights, Trends und Lösungen im Kontext des Themas. Immer im Fokus: Der Impuls, die Welt zu einem sinnvolleren Ort zu machen und die persönliche, ganzheitliche, berufliche Entwicklung als moderne Frau. Mehr als 2.680 Change Maker, Trendsetterinnen, kreative Macherinnen, Innovatorinnen, Entrepreneurinnen und Journalistinnen waren zu Gast. Dabei funktioniert der Salon auch altersübergreifend und versteht sich als Dialog zwischen den Generationen. Salon Mondaine #1–20

  • #18 The Art of Creation
    Aktuell verändern sich die Lebensumstände der Menschen weltweit rasant: Klimaveränderung, digitale Transformation, Bewusstseinsveränderung, demographischer Wandel, Migrationsströme, Integrationsprobleme, Ressourcenverknappung — wie gehen wir mit all diesen Herausforderungen um, und welche Fähigkeiten brauchen wir, um zusammen konstruktive Lösungen zu finden? Wir glauben, dass Kreativität und unsere eigene Schöpferkraft wichtige, zukunftsweisende Qualitäten sind, die unsere Gesellschaft zu einem neuen Verständnis des Miteinanders führen. Design Thinking, Co-Creation, New Work — Begriffe, die wir bereits kennen und die uns unterstützen, auf großer Ebene umzudenken und neu zu gestalten.

    Im Salon Mondaine #18 gehen wir noch einen Schritt weiter und möchten „die Frau“ als ein hoch schöpferisches Wesen betrachten, um das (vielleicht oft noch ungenutzte) kreative Potential näher ins Bewusstsein zu rücken. Diese schöpferische Kraft trägt jede Frau in sich. Sie bringt neues Leben in die Welt, aber sie steht der Frau auch als kreative und visionäre Kraft im Leben zur Verfügung, Ideen in die Welt zu bringen und diese nachhaltig zu manifestieren.
    Unser Ziel: Kreatives Mit-Gestalten einer Gesellschaft, die im Heute entsteht und die mutig neue Wege geht. Creative Female Leadership und Business durch mehr Eigenverantwortung.

    Wir stellen uns Fragen wie:

    • Was ist Kreativität und wie kommen wir in einen kreativen Prozess oder Flow?
    • Aus dem Vollen schöpfen und Erschöpfung, wie hängt das zusammen?
    • Wie kann unsere Kreativität zu einem nachhaltigen Business werden, für uns und für andere?
    • Wie können wir mit unserer Kreativität (Kunst) Geld verdienen?
    Wann verliert die Kunst ihre Kreativität und ist nur noch Business?
    • Wie können wir uns noch stärker anbinden und unseren Visionen und unserer Intuition so vertrauen, dass sie in die Verwirklichung gelangen?
    • Gibt es weibliche Kunst oder Kreativität? Wenn ja, was sind ihre Merkmale?

    Der SalonMondaine #18 by The Lovers schafft wie immer Raum für Inspiration, Transformation und neue Impulse für Arbeit und Privatleben. Wir haben kraftvolle Frauen eingeladen, darunter drei Mütter, die ihre Gedanken, Ideen und ihr Herz auf kreative Weise zum Ausdruck bringen und dadurch aktiv ihr Leben gestalten. Wir interessieren uns für ihre spannenden Leben, ihren kreativen Flow und ihre Kraftquellen. Aber auch wie sie Herausforderungen meistern und kreative Blockaden überwinden.

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Salon Mondaine #19 — Conscious Living (+ Conscious Consumption)

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Salon Mondaine #17 — Dialog der Generationen